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Inhalt:
Drachenfliegen
und Gleitschirmfliegen Drachen
oder Gleitschirm ? Ist das nicht
zu gefährlich ? Braucht man dazu
nicht unheimlich viel Mut
? Warum
ist hier niemand ? Warum stehen die
alle rum und starten nicht ? –
oder:
Wann springen Sie ab? Kann
man da auch steuern ? Wo landen Sie
denn ? Wie schnell ist so ein
Fluggerät in der Luft unterwegs ?
Muss
man sich die ganze Zeit festklammern ? Wie
lange kann man oben bleiben ? Wie
kommt ihr wieder auf den Berg ? Wie
hoch kann man fliegen ? Wie weit
kann man fliegen ? Habt ihr einen
Fallschirm dabei ? Kunstflug ? Was
kostet die Ausrüstung ? Wie
lernt man das ? Flugschulen der
Region:
Drachen-
und Gleitschirmfliegen
‚Fußgänger’-Info
des Drachenflieger- und Gleitschirmclubs Kandel, im
Südschwarzwald
An
dieser Stelle möchte ich einige Dinge zum motorlosen
Fliegen schreiben und häufig gestellte Fragen beantworten.
Vielleicht kann ich Ihnen ein bisschen unserer Begeisterung
vermitteln.
Unser
Bestreben ist es, uns vom Boden zu lösen und mit Glück
und Geschick möglichst hoch über den Gipfel zu
steigen. Wir suchen Thermik, die man ja nicht sehen oder
riechen, sondern nur ahnen kann. Hat man so einen
Thermikschlauch gefunden, so wird man kreisend ‚zentrieren‘,
um im Zentrum des stärksten Steigens zu bleiben. Der Blick
herunter auf den Startberg aus 500m oder 1000m ist einfach
überwältigend – und zwar jedes Mal von Neuem.
Die Wolken oder der gesperrte Luftraum begrenzen den Aufstieg.
Hat man die ersten Wolkenschleier überstiegen, so kann man
auf der weißen, wabernden Watte den eigenen Schatten
sehen, umrahmt von zwei kreisrunden, geschlossenen Regenbögen..
Man wird die ‚erarbeitete‘ Höhe nutzen, um vom
Wolkenunterrand ‚auf Strecke zu gehen‘ und
geradlinig z.B. über ein Tal zum nächsten Berg zu
gleiten. Hier am Kandel ist der Hörnleberg in
nordöstlicher Richtung oft der nächste Zielpunkt. Im
sportlichen Wettbewerb müssen von den Teilnehmern
vorgegebene Wendepunkte zügig umrundet und dabei
fotografiert werden. Vom Kandel aus angeflogene Wendepunkte
sind z.B. der Ort Oberprechtal oder der Aussichtsturm auf dem
Brendt bei Furtwangen. Die Strecken bei alpinen
Drachenwettbewerben liegen bei 50 bis 120 km. Vom Kandel aus
werden 70km Dreiecke umrundet. Das motorlose Fliegen ist jeden
Tag irgendwie anders und jeder Tag will neu gelernt werden. Mit
der Brechstange geht nichts. In diesem Sport ist man ab 25
Jahren noch kein Opa und kann auch mit über 50 Jahren
international immer noch Spitzenränge erreichen.
Drachen
oder Gleitschirm?
Hier
am Kandel wird bisher hauptsächlich mit Drachen geflogen.
Die Berge der Umgebung ‚gehören‘ überwiegend
dem Gleitschirmsport.
Auf
der hölzernen Startrampe beim Kandelhotel können nur
Drachen (Amtsdeutsch: ‚Hängegleiter‘) starten,
weil sie für Gleitschirme zu schmal und zu kurz ist. Die
‚stangenlosen‘ Gleitschirme (Amtsdeutsch:
‚Gleitsegel) starten auf der Südseite des Kandel von
der Wiese.
Ein
Gleitschirm ist schnell ausgelegt und gestartet – ein
Drachen dagegen wiegt etwas über 30kg und muss erst in
knapp 30 Minuten startklar aufgebaut werden.
Dafür
klappt ein Gleitschirm u.U. in der Luft auch mal zusammen, der
Drachen dagegen bleibt in Turbulenzen formstabil und ermöglicht
dem Piloten vor solchen unfreundlichen Bedingungen schnell (>
80km/h) zu flüchten. Gleitschirme fliegen kaum schneller
als 40km/h. Mit dem Schirm ist man - so gesehen -
verletzlicher. Gleitschirmfliegen ist vordergründig
einfacher als Drachenfliegen. Vordergründig deshalb, weil
der Gleitschirmpilot mit sehr unterschiedlichen Formen des
Gleitschirmkollapses konfrontiert werden kann. Die muss er
schnell und richtig erkennen und sicher ausleiten können.
Ist
das nicht zu gefährlich?
Das
wirkliche Risiko, verletzt zu werden, ist gemessen an Anzahl
der Starts und der höheren Zahl der Gleitschirmpiloten,
für Drachen und Gleitschirm etwa gleich groß. Es ist
beides sicherlich nicht ungefährlich und wird von seriösen
Risikostudien unter dem Risiko Rauchen und dem Motorradfahren
aber doch höher als dem des Autofahrens eingestuft. Wie
auch immer, hat es in den etwa 15 Jahren meiner eigenen
Fliegerei etwa acht Unfälle mit tödlichem Ausgang in
der Region gegeben. Jeder geht individuell unterschiedlich mit
diesem latenten Risiko um: Manch einer wird durch Sorgfalt und
stets neue Ausrüstung das Risiko zu mindern suchen, andere
verdrängen es schlicht. Am unfallträchtigsten sind
immer noch Start und Landung.
Braucht
man dazu nicht unheimlich viel Mut?
Das
Gefühl eines Fußgängers beim Blick von der
Rampe hat ein Flieger nicht mehr: Der Eindruck vom Sprung ins
‚Nichts‘ verliert sich mit der Erfahrung, dass eine
zuverlässige Kraft dich beim Start immer trägt. Ich
persönlich fliege leidenschaftlich gern, würde aber
nie einen Bungee-Sprung machen. Man muss nicht schwindelfrei
sein, weil Schwindelgefühle nur dann auftreten, solange
man einen Bodenbezug hat: Der Kopf möchte am Abgrund die
gewohnte Waagerechte herstellen und man fühlt sich vom
Gleichgewichtssinn in die Tiefe gezogen. Wenn man fliegt, ist
das weg, weil der Bodenkontakt entfällt.
Warum
ist hier niemand?
Vielleicht
passt das Wetter nicht: Ostwind, Sturm oder Nebel verhindern
alle Flugaktivitäten. Oder das Überstundenkonto ist
einfach leer.
Warum
stehen die alle rum und starten nicht?
– oder:
Wann springen Sie ab?
Zum
Starten braucht man wenigstens einen Hauch Wind von vorn. Da
man die Rampe nicht herumdrehen kann, muss man ggf. eben lange
warten. Ebenfalls werden viele warten um sicher zu sein, nicht
gleich ‚abzusaufen‘. Das kann man aber nur einfach
erkennen, wenn schon andere vor dem Berg aufsteigen – so
gesehen will also keiner der Erste sein. Will sich z.B. keine
richtige Sonne einstellen wird’s schon etwas länger
dauern. Bei Wettbewerben gibt es um den Startzeitpunkt ein
regelrechtes Pokerspiel.
Kann
man da auch steuern?
Natürlich!
Man verlagert das Gewicht mit Hilfe des Steuerbügels z.B.
nach rechts und der Drachen wird nach rechts schwenken. Zieht
man sich am Bügel nach vorn, so wird’s flott und es
geht auch verstärkt abwärts. Ruder und Klappen, also
aerodynamische Lenkmethoden sind bei Drachen noch eher selten
anzutreffen. Beim Gleitschirm lenkt man mit den beiden Griffen
an den sogenannten Bremsen: Rechts ziehen – es geht nach
rechts und umgekehrt. Wer aber sanft lenken will, wird ‚mit
dem Hintern‘ lenken: linke Backe nach links und
umgekehrt: Das kostet nicht soviel Höhe.
Wo
landen Sie denn?
Der
Landeplatz für Drachen liegt zwischen Waldkirch und
Heimeck und ist durch einen fünfminütigen Spaziergang
vom Parkplatz der ehemaligen Herzkreislaufklinik zu erreichen.
Die
Gleitschirme landen meist unübersehbar im Glottertal: Nach
der großen Wiese nach dem östlichen Ortsausgang
links rein. Wer auf Strecke geht, wird auf den Landeplätzen
der umliegenden Flugberge landen. Erreicht man so einen Platz
nicht, so tut’s auch jede abgemähte Wiese. Mit
steigender Erfahrung wird man immer landesicherer werden und
sich trauen, Unbekanntes zu erfliegen.
Wie
schnell ist so ein Fluggerät in der Luft unterwegs?
Ein
Gleitschirm läßt sich von 25km/h bis maximal 45km/h
fliegen, die Drachen haben einen weiteren
Geschwindigkeitsbereich ab 30km/h bis über 100km/h.
Neuerdings werden Starrflügler konstruiert, die nicht mehr
die typische Delta-Form der Drachen besitzen und deutlich über
100km/h Höchstgeschwindigkeit fliegen können.
Muss
man sich die ganze Zeit festklammern?
Nein,
das könnte niemand aushalten. Drachen: Man liegt in einem
bequemen Gurtzeug, das im Schwerpunkt des Drachens eingehängt
wird. Da werden die Beine nach dem Startspurt solange
eingepackt, bis man sie zum Landen wieder braucht.
Gleitschirm:
Man sitzt in einem bequemen Sitzgurt mit vielen Polstern.
Wie
lange kann man oben bleiben?
Man
kann solange oben bleiben, solange man steigende Luft findet,
die schneller steigt, als das Fluggerät sinkt. Ein Flug
ohne Aufwinde wird hier am Kandel nach 12 min enden: Dann sind
die 830m Höhenunterschied ‚verbraucht‘ –
Drachen und Gleitschirme sinken grob mit 1m/sec, weil jedes
Fluggerät Luftwiderstände hat. Jeder Flügel
braucht aber Strömung um Auftrieb zu erzeugen. Deshalb
wird stetig etwas Höhe ‚verbraucht‘ um eine
gleichmäßige Geschwindigkeit halten zu können:
Je besser die Aerodynamik, desto weniger Höhenverbrauch
pro Zeit und damit längere Flugzeit.
Jedes
motorlose Fluggerät sinkt gegenüber seiner umgebenden
Luft. Steigt aber die umgebende Luft schneller, als unser
Fluggerät sinkt, so steigen wir mit dieser Thermik auf.
Der
Kandelrekord liegt bei über 8 Stunden mit dem Drachen. Im
Hangaufwind am Meer sind sogar Flüge rund um die Uhr
möglich – aber wer will das schon...
Ein
guter Flug misst sich nicht allein an seiner Dauer, aber so ein
bis drei Stunden werden es schon sein. Nach so einem Flug wird
man nicht noch einmal auf den Beg fahren, um aufzubauen und zu
starten. Deshalb ist es - zumindest mit dem Drachen - üblich,
nur genau einen Flug pro Tag zu machen.
Wie
kommt ihr wieder auf den Berg?
Wir
betreiben hier vom Verein einen Kleinbus, mit dem Piloten und
Fluggeräte auf den Kandel gebracht werden. Hat jemand sein
Auto auf dem Berg stehen (weil er z.B. nicht aus Richtung
Waldkirch kommt), so bringt der Kleinbus diese Piloten wieder
vom Landeplatz Waldkirch auf den Berg zurück. Autofreie
Konzepte konnten wir bisher leider nicht ernsthaft zum Leben
erwecken.
Wie
hoch kann man fliegen?
Antwort:
Sehr hoch! Salopp gesagt: ab 4000m nimmt man Sauerstoff mit.
Das wird aber nur in extremen Gegenden gemacht, wie z.B. dem
Owens Valley in den USA. Mehr als 800m Startüberhöhung
sind aber auch am Kandel relativ oft zu erreichen.
Weiter
hoch darf man nur mit Flugfunk, da man sonst im Triebwerk eines
Jumbos stecken bleiben könnte. Aus über 2000m
erscheinen unsere Schwarzwaldberge optisch wie sanfte
Wiesenhügel. In den Alpen steigt man schon mal auf über
4000m NN, egal ob mit Gleitschirm oder Drachen. Dort bewegt man
sich auch im Sommer in der Gletscherregion und man wird sich
warm anziehen.
Wie
weit kann man fliegen?
In
unseren Breiten sind 200km immer noch etwas Außergewöhnliches.
Der Weltrekord liegt über 400km. Hier freut sich der
Flieger auch über 40 bis 90 km an einem guten
Schwarzwaldtag. Der Kandelrekord liegt schon seit Jahren bei
116km mit Landung bei Karlsruhe. Der Drachen hat einen
Gleitwinkel von ca 1/12, so dass man mit den 830m Kandelhöhe
etwa 10km ins freie Land abgleiten kann. Die oben beschriebenen
Starrflügler schaffen mehr als 1/16 Gleitwinkel.
Habt
ihr einen Fallschirm dabei?
Ja!
– immer. Es ist das aufgesetzte Paket am Gurtzeug mit dem
roten Griff. Man springt aber nicht ab, sondern Drachen oder
Gleitschirm schweben komplett mit dem Piloten zum Boden –
lenken kann man dann nicht mehr. Kunstflugpiloten haben oft
sogar mehrere Rettungsschirme – auch mit Raketentreibsatz
– dabei.
Kunstflug?
Es
gibt Kunstflug mit Drachen und Gleitschirm, obwohl beide dafür
an sich nicht gut geeignet sind: Beide müssen immer unter
positiver Last geflogen werden, damit die Leinen bzw. der
Aufhängegurt straff bleiben. Ein Gleitschirm fällt
sonst schlaff in sich zusammen und hat keine Ähnlichkeit
mit einem Fluggerät mehr. Auch der Drachen lässt sich
dann nicht mehr lenken, da er mit Gewichtsverlagerung gesteuert
wird. Auch das Aufstellen des Drachens: nach oben verhungern
lassen, bis zum Stillstand (=Männchen) wird zu
unkontrollierbaren Flugzuständen führen, weil der
Drachen dabei nach hinten abkippt und sich in Folge höchst
wahrscheinlich bis zum Bruch überschlägt. In
Deutschland ist Kunstflug mit Drachen nicht erlaubt.
Trotzdem
gibt es Kunstflug sowohl mit dem Gleitschirm als auch mit dem
Drachen. Der Schirm kann zu looping-ähnlichen Figuren
aufgeschaukelt werden, der Drachen kann einen echten Looping
fliegen. Die auftretenden Belastungen bleiben dabei im grünen
Bereich (etwa 4.2g). Wenn die Figur allerdings misslingt, ist
der Pfad dünn: Man wird den Rettungsschirm brauchen.
Andere
Figuren, wie ‚Wing over‘ oder ‚Trudeln‘
sind mit dem Drachen relativ risikolos möglich.
Gleitschirme
bieten einige beschleunigungsträchtige Figuren für
unterschiedliche Zwecke. Diese Figuren werden in
spezialisierten Fortbildungskursen über Wasser gelehrt und
werden von der Mehrheit der Piloten beherrscht. Z.B. wird Höhe
ab Besten mit der Steilspirale abgebaut, wobei Sinkraten über
10m/sec erreicht werden.
Was
kostet die Ausrüstung?
Ein
aktueller Drachen kostet neu etwa 8500€, Gurt, Schirm und
Instrumente schlagen zusätzlich mit etwa 2000.-€ zu
Buche. Für einen flotten Gleitschirm sind, etwas
weniger, ca 5000.- € zu zahlen. Man kauft anfangs
natürlich gebrauchte und einfachere Geräte, die
deutlich billiger zu haben sind.
Wie
lernt man das?
Man
sucht sich eine der Flugschulen, entweder eine der unten
aufgelisteten oder eben im Urlaub in den Bergen. Bis zum freien
Fliegen liegen dann insgesamt etwa 6 Wochen und 2000.- €
Kursgebühren. Dazu kommt noch eine gebrauchte
Einsteigerausrüstung für noch einmal etwa 3000.-€.
Dann sind die weiteren Kosten erst mal vernachlässigbar,
solange man nicht immer das Neueste und Tollste haben will.
Gerade beim Drachenfliegen haben wir Nachwuchssorgen, da trotz
einiger Vorteile das Gleitschirmfliegen zunächst einfacher
ist. Auch beim Gleitschirmfliegen sind die Ausbildungszahlen
zurückgegangen. Die Flugschulen bilden lieber
Gleitschirmpiloten aus. Deshalb empfehlen wir, sich die
Unterschiede zuvor eingehend erklären zu lassen.
Frank
Frankus
, DGFC Südschwarzwald
Internet: http://www.dgfc-suedschwarzwald.de
Flugschulen
der Region:
Alle
unter obiger Adresse aufgelisteten Schulen sind schon viele
Jahre aktiv und hier bekannt für ihre gewissenhafte
Ausbildungsweise. Nach unserer Einschätzung sind sie alle
empfehlenswert.
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